Die Haltung von verschiedenen Reptilien, nicht nur Zwerggeckos, ist ein schönes Hobby und kann durch die Nachzucht seltener Arten einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz leisten. Damit Anfängern der Frust durch kranke Tiere und vermeidbare Verluste erspart bleibt, sollten zu Beginn Arten im Vordergrund stehen, die pflegeleicht sind und einen erfolgreichen Einstieg in das Hobby ermöglichen.
Reptilien sind nicht alle gleich
Seit einigen Jahren ist bekannt, dass Reptilien kein einheitliches Taxon bilden, sondern mehrere völlig verschiedene Gruppen mit dieser umgangssprachlichen Bezeichnung zusammengefasst werden. Darunter fallen rund 360 Schildkrötenarten, die Brückenechse, zirka 25 Arten von Panzerechsen und die Schuppenkriechtiere mit zirka 10.600 Arten von Schlangen und Echsen. Aus dieser Vielfalt ist ersichtlich, dass nicht alle Arten gleich gut für die Haltung geeignet sind.
Klimatische Ansprüche, Größe und Lebensweise
Da an dieser Stelle unmöglich eine annähernd repräsentative Übersicht über geeignete Arten gegeben werden kann, sollen zunächst einige Eckdaten erörtert werden.
Reptilien werden oft mit heißem und trockenen Klima in Verbindung gebracht. Dies trifft nicht immer zu. Es gibt viele Arten, die in Bergregionen vorkommen und das ganze Jahr bei kühleren Temperaturen gehalten werden müssen und es gibt Arten aus gemäßigten Klimazonen, die im Winter eine strenge Winterruhe halten. Tatsächlich fallen viele beliebte Arten in diese Kategorien und sind daher für Anfänger nur bedingt geeignet. Dazu zählen vor allem die meisten Chamäleons und die meisten Schildkröten, die leicht im Handel zu erwerben sind. Für Anfänger stellt es eine große Herausforderung dar eine Nachtabsenkung auf Kühlschrank-Temperaturen im Terrarium umzusetzen und Tiere, die mehrere Monate im kalten Keller verbringen, werden schnell langweilig und leiden dann unter der folgenden Vernachlässigung. Folglich sind für Anfänger Arten empfehlenswert, die ganzjährig gleichbleibende Klimaansprüche haben und keine extremen Schwankungen zwischen Tag- und Nachttemperatur benötigen.
Die Größe der Tiere spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, weil wenigen Anfängern bewusst ist, wie groß die Platzansprüche vieler Reptilien sind. Kleine Bartagamen gehören zu den beliebtesten Anfängertieren, allerdings benötigt ein ausgewachsenes Einzeltier mindesten 1,50 x 0,8 Meter Platz – lieber deutlich mehr, vor allem bei Gruppenhaltung. Vergleichsweise kleine Schildkrötenarten haben aufgrund ihrer geringen Wendigkeit erhöhte Platzansprüche. Diese sind deutlich größer, als die meisten Einsteiger bereit sind anzubieten.
Letztlich spielt die Lebensweise des zukünftigen Pfleglings eine wichtige Rolle. In der Terraristik gibt es viele interessante Arten, die jedoch durch eine grabende Lebensweise nicht dauernd zu sehen sind. Es besteht die Gefahr, dass diese Tiere dem Halter schnell langweilig werden. Ähnliches gilt für nachtaktive Tiere, welche sich tagsüber konsequent verstecken und deshalb schwer zu beobachten sind. Ernährungs- und Gesundheitszustand sind in solchen Fällen schwer zu kontrollieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Anfänger vor allem nach Arten gucken sollten, die keine schwierig nachzuahmenden klimatischen Ansprüche haben, nicht zu viel Platz benötigen und tagaktiv oder zumindest tagsüber nicht versteckt sind.
Zwei weitere Einschränkungen betreffen defensive Arten, welche dazu neigen bei Störung zu beißen und hochgiftige Arten, für die einem Anfänger die Erfahrung für die sichere Handhabung fehlt.
Für Anfänger geeignete Arten
Um einen strukturierten Überblick zu bieten, sollen die bereits genannten Gruppen besprochen werden. Da Panzerechsen allein aufgrund ihrer Größe wegfallen und die Brückenechse aufgrund ihres Schutzstatus für Privatpersonen nicht zu erstehen ist, bleiben noch Schildkröten und die große Gruppe der Schuppenkriechtiere übrig.
Schildkröten
Auch wenn die Landschildkröten der Gattung Testudo sowie eine Reihe von Wasserschildkröten am häufigsten im Handel angeboten werden, sind sie aufgrund des hohen Platzbedarfs, dem empfehlenswerten sommerlichen Aufenthalt in einem Freigehege und der winterlichen Ruhephase nicht empfehlenswert.
Wer den hohen Platzansprüchen gerecht werden kann, sollte sich nach tropischen Arten umsehen, die ganzjährig in einem Terrarium gehalten werden können. Nur um ein paar Beispiele zu nennen, wären Kinixys belliana, Cuora galbinifrons und Geoemyda spengleri zu empfehlen.
Schuppenkriechtiere
Diese Gruppe ist extrem vielfältig und sollte der Übersichtlichkeit wegen systematisch betrachtet werden.
Leguanartige
In dieser Gruppe sind einige anfängerfreundliche Arten enthalten. Agamen gehören in diese Gruppe, jedoch sind die meisten Arten relativ groß und haben einen hohen Bewegungsdrang, weshalb Arten wie Bartagamen, Wasseragamen, Siedleragamen und einige weitere erhältliche Arten trotz ihrer ansonsten geringen Haltungsansprüche nur bedingt zu empfehlen sind. Aufgrund der Massenvermehrung von Bartagamen gehören diese zu den häufigsten Reptilien in Tierheimen und Auffangstationen. Wer sich dennoch für eine Bartagame entscheidet, sollte sich vorerst in einer Auffangstation umsehen und den Markt nicht weiter ankurbeln. Auch die namensgebenden Leguane, vor allem der Grüne Leguan, sind zu groß und zu dominant für die meisten Neueinsteiger. Viele Chamäleons zählen leider zu den nicht einsteigerfreundlichen Reptilien.
Geeignet sind hingegen kleinere Arten wie Halsbandleguane, Glattkopfleguane, der Malachitstachelleguan und andere Sceloporus Arten. Den Großteil geeigneter Arten stellt die Gattung Anolis, welche sehr kleine, bunte und pflegeleichte Echsen beinhaltet.
Geckoartige
Hier finden sich fast durchgehend geeignete Arten, sofern sie nicht aus Hochlandregionen stammen und entsprechende klimatische Ansprüche haben. Arten wie Kronengeckos, der Leopardgecko und alle anderen Lidgeckos, die tagaktiven Phelsuma Arten und zahllose der rund 200 Zwergeckos der Familie Sphaerodactylidae sind regelmäßig erhältlich und pflegeleicht. Baumbewohnende Zwerggeckos der Gattungen Lygodactylus und Lepidodactylus, Blattschwanzgeckos und viele weitere Arten werden häufig angeboten. Es müssen die Platzansprüche und die Tatsache, dass viele Geckos strikt nachtaktiv sind beachtet werden.
Skinkartige
Hierbei beschränken sich die Empfehlungen auf kleine Arten der echten Skinke (Scincidae), wie Feuerskinke, Apothekerskinke sowie zahlreiche, teils farbenprächtige Arten der Gattungen Trachylepis und Mabuya.
Auch Eidechsen zählen zu den Skinkartigen. Insbesondere Langschwanzechsen und Sägeschwanzeidechsen der Gattung Holaspis stehen regelmäßig zum Verkauf und sind pflegeleicht. Seltener werden andere kleine Arten angeboten.
Waranartige
Unter den Waranen gibt es nur wenige, kleinere Vertreter. Arten wie der Stachelschwanzwaran, Varanus kingorum oder die Baumwarane Varanus beccari, Varanus reisingeri, Varanus prasinus und Varanus macraei bleiben mit zirka einem Meter Körperlänge relativ klein.
Schlangen
Von den rund 3600 Arten sind viele Arten für Anfänger geeignet, beschränken sich jedoch hauptsächlich auf einzelne Gruppen.
Unter den Würgeschlangen sind alle Pythons und Boas bis zirka 2 Meter Länge empfehlenswert, sofern die klimatischen Ansprüche erfüllt werden können. Aufgrund von Überzüchtung ist jedoch bei Farbmorphen des Königspythons Vorsicht geboten.
Weiterhin sind Wassernattern der Gattung Thamnophis empfehlenswert und eine große Zahl der über 700 eigentlichen Nattern. Bekannte Gattungen sind Elaphe, Lampropeltis und Pantherophis mit der beliebten Kornnatter.
Das Problem gibt es bei den Agamen auch: Wenn die Bartagame im Zoohandel nicht verkauft werden kann, dann wird schnell mal die Zwergbartagame empfohlen, weil sie etwas kleiner ist.
Dass auch Pogona henrylawsoni wirklich sehr lebendig sein kann und auch immer mal wieder laufen möchte, wird dann vergessen. Da wird dann eiskalt das 100x50x50-Terrarium empfohlen.
Na klar, den gesetzlichen Anforderungen mag das genügen – aber wenn man ehrlich ist, ermöglicht ein solches Terrarium keine artgerechte Haltung.
Solange Tiere aber eine Ware sind, wird das Problem bleiben – ob bei Zwergbartagamen, bei Geckos, Leguanen, Vögeln, …
Moin Roman,
danke für deinen Kommentar – vollste Zustimmung!